Diskussion über die geplante Bebauung von 25 ha Ackerland / Blumenrod V und VI

von Barbara Sylla-Belok

Der Orts­ver­band der GRÜNEN Lim­burg hat­te für Mitt­woch, 15. Juli 2020, zu einem Orts­ter­min in Blu­men­rod ein­ge­la­den: An Ort und Stel­le, d.h. dort, wo das neue Bau­ge­biet Blu­men­rod V und VI ent­ste­hen soll, woll­te man sich die räum­li­chen Dimen­sio­nen die­ses Groß­pro­jekts vor Augen füh­ren und mit inter­es­sier­ten Bür­ge­rin­nen und Bür­gern offe­ne Fra­gen und Pro­ble­me anspre­chen. Es fand sich eine Grup­pe von etwa 20 Inter­es­sier­ten zusammen,

dar­un­ter auch zwei Bewoh­ner aus Blu­men­rod, die jeweils einen Brief an den Bür­ger­meis­ter, den Magis­trat und die Stadt­ver­ord­ne­ten mit Fra­gen sowohl zur Ver­kehrs­füh­rung wäh­rend der Bau­zeit als auch zum Umgang mit der zu erwar­ten­den Ver­kehrs­be­las­tung durch das neue Bau­ge­biet geschrie­ben hat­ten. Sie erhiel­ten bis­lang kei­ne trag­fä­hi­ge Auskunft.

Fol­gen­de Aspek­te wur­den wäh­rend des Rund­gan­ges angesprochen:

  • Im Mai 2019 fand eine Infor­ma­ti­ons­ver­an­stal­tung mit Bür­ger­meis­ter Dr. Mari­us Hahn, SPD, in der Resi­denz­hal­le in Blu­men­rod statt, auf der all­ge­mein über die geplan­te Bebau­ung von 25 ha Acker­land / Blu­men­rod V und VI infor­miert wur­de. Alle Rück­fra­gen, wie mit der zu erwar­ten­den Ver­kehrs­be­las­tung – sowohl wäh­rend der Bau­zeit wie nach voll­ende­ter Bebau­ung – umge­gan­gen wer­den soll, blie­ben jedoch unbe­ant­wor­tet. Es gab kei­ne aus­sa­ge­kräf­ti­gen Aus­künf­te! Hier­über herrscht Unmut!

Kri­tik an Blu­men­rod V und VI gibt es auch in fol­gen­der Hinsicht:

  • Die geplan­te Ent­wick­lung von 25 ha Wohn­be­bau­ung an die­ser Stel­le wird die bereits bestehen­de Schief­la­ge in Lim­burgs Stadt­ent­wick­lung verstärken.
  • Die Orts­tei­le Lim­burgs wach­sen nur lang­sam, neu gebaut wer­den dort vor allem und teils fast aus­schließ­lich Ein­fa­mi­li­en­häu­ser, die Bau­plät­ze wer­den bevor­zugt an Ein­ge­ses­se­ne ver­ge­ben, die alte Dorf­i­den­ti­tät wird gepflegt (sie­he die ein­drucks­vol­le 800-Jahr-Fei­er in Off­heim oder die Gestal­tung des Diet­kir­cher Marktes).
  • Dem­ge­gen­über hat die Bebau­ung von Blu­men­rod erst im April 1967 begon­nen – gleich im gro­ßen Stil. Vier Bau­ab­schnit­te sind bis­lang ent­wi­ckelt wor­den. Etwa 4000 Einwohner/innen haben sich ange­sie­delt. Nun sol­len noch­mal 65o Wohn­ein­hei­ten hin­zu­kom­men, also viel­leicht 1500 bis 2000 Bewohner/innen. Dies ist ein sehr gro­ßer Zuwachs von in der Mehr­zahl orts­frem­den Neu­bür­gern und für ein gelin­gen­des Zusam­men­le­ben viel zu viel!
  • Pro­ble­ma­tisch ist vor allem, dass nur ein Orts­teil Lim­burgs so stark wächst und dass man anschei­nend NUR HIER preis­güns­ti­gen Wohn­raum zu schaf­fen in der Lage ist! Das kann nicht akzep­tiert werden!
  • Auf­fal­lend ist zudem, dass die Stadt­ver­ord­ne­ten die Schief­la­ge in der Stadt­ent­wick­lung expli­zit und gezielt beför­dert haben. Sie haben sinn­vol­le Vor­ga­ben des Wohn­raum­kon­zep­tes (Vor­la­ge 17 / 0278) vom 09.08.2020 nicht beschlos­sen und nicht umge­setzt . Das Wohn­raum­kon­zept vom 09.08.2017 for­der­te ein:

«Beim Ver­kauf städ­ti­scher Grund­stü­cke und bei der Schaf­fung von Bau­recht im gesam­ten Stadt­ge­biet soll für Woh­nungs­bau­vor­ha­ben ab einer Grö­ße von 3 Wohn­ein­hei­ten ein ver­pflich­ten­der Anteil von 30% preis­güns­ti­gem Miet­wohn­raum über städ­te­bau­li­che Ver­trä­ge nach § 11 Bau­ge­setz­buch fest­ge­setzt werden.»

  • Dazu ist festzustellen:
    • Die Stadt­ver­ord­ne­ten berie­ten ein­ein­halb Jah­re, bis sie am 18.02.2020 ein ver­än­der­tes Wohn­raum­kon­zept (Vor­la­ge 19 / 032) beschlos­sen Die obi­ge Richt­li­nie (ver­pflich­ten­der Anteil von 30% preis­güns­ti­gem Miet­wohn­raum für Woh­nungs­bau­vor­ha­ben — s.o.) soll­te nur noch für das Bau­ge­biet Blu­men­rod V und VI gül­tig sein, nicht für die Orts­tei­le, wo man Ein­fa­mi­li­en­häu­ser für jun­ge Fami­li­en vor­sah. Dem­entspre­chend hat man in den ver­gan­ge­nen Jah­ren in den Orts­tei­len kei­nen Geschoss­woh­nungs­bau und preis­güns­ti­gen Miet­wohn­raum zugelassen.Erst jetzt wird dies in klei­nem Umfang für den Orts­teil Lin­ter geplant.
    • Die­se Fehl­ent­wick­lung kann nicht mit einer wei­te­ren Fehl­ent­wick­lung, näm­lich mit einer über­di­men­sio­nier­ten Wohn­be­bau­ung in Blu­men­rod, «kor­ri­giert» werden!!!
  • Es ist genau zu prü­fen und auf­zu­lis­ten, wie viel Wohn­raum in den letz­ten vier Jah­ren in Lim­burg fer­tig­ge­stellt wor­den ist. Denn es wur­de sehr viel gebaut, und so darf man davon aus­ge­hen, dass ein gewis­ser Bedarf an Wohn­raum gedeckt ist.
    • Wie vie­le Woh­nun­gen wel­cher Grö­ße und wie vie­le Ein­fa­mi­li­en­häu­ser sind in den letz­ten vier Jah­ren bezugs­fer­tig gewor­den? Und wie vie­le sind der­zeit in Pla­nung bzw. im Entstehen?
    • Wie viel davon ist sozi­al­ver­träg­li­cher Mietwohnungsbau?
    • In die­sem Zusam­men­hang muss auch ermit­telt wer­den, wie viel Wohn­raum-Leer­stand es in Lim­burg gibt, der sinn­voll genutzt wer­den könnte.
  • Wich­tig ist auch, dass die Stadt ein Kon­zept vor­legt, wie sozi­al­ver­träg­li­cher Wohn­raum «ver­mark­tet» wer­den soll. Hier­zu gibt es bis­lang kei­ne trag­fä­hi­gen Informationen.
  • Es gibt auch kei­ne Anga­ben dar­über, in wel­chem Umfang im neu­en Bau­ge­biet in Blu­men­rod sozi­al­ver­träg­li­cher Woh­nungs­bau erfol­gen soll. Es wäre unver­ant­wort­lich, Blu­men­rod groß­flä­chig wei­ter zu besie­deln, ohne die­se Fra­gen zu klären.
  • Das Wohn­raum­kon­zept bestä­tigt für Lim­burg grund­sätz­lich einen nor­mal funk­tio­nie­ren­den Woh­nungs­markt (S. 15) und weist dar­auf hin, dass es ledig­lich Eng­päs­se in ver­schie­de­nen Seg­men­ten gibt, näm­lich bei klei­nen Woh­nun­gen für Älte­re und für allein­ste­hen­de Trans­fer­leis­tungs-Emp­fän­ger/in­nen und bei grö­ße­ren preis­wer­ten Wohnungen.
  • Das Wohn­raum­kon­zept weist auch dar­auf hin, dass viel Nach­fra­ge nach Wohn­raum aus dem Umland bis hin ins Rhein — Main — Gebiet kommt.
  • Es bleibt die Fra­ge: Bis zu wel­chem Maße muss die Stadt Lim­burg der Wohn­raum­nach­fra­ge aus der Regi­on nach­kom­men? Muss sich die Stadt und die in ihr Ver­ant­wor­tung Tra­gen­den nicht zual­ler­erst fra­gen, in wel­cher Grö­ßen­ord­nung ein Bevöl­ke­rungs­wachs­tum zu ver­kraf­ten ist? Und inwie­weit die Infra­struk­tur der Stadt dafür aus­ge­legt ist? Das groß­an­ge­leg­te Wachs­tum von Blu­men­rod ist auf jeden Fall kri­tisch zu hinterfragen.
  • Bei der Orts­be­ge­hung der GRÜNEN wur­de die For­de­rung for­mu­liert, dass die Stadt zeit­nah und vor allem vor Beginn der Bau­leit­pla­nung zu allen anste­hen­den Fra­gen zu infor­mie­ren hat.
  • Es muss von allen Ver­ant­wort­li­chen dafür Sor­ge getra­gen wer­den, dass dem Wohn­raum­be­darf im Rah­men einer ver­nünf­ti­gen Stadt­ent­wick­lung Rech­nung getra­gen wird!

Die Bür­ge­rin­nen und Bür­ger ver­ab­re­de­ten im Anlie­gen «Blu­men­rod» zu einem wei­te­ren Gespräch ein­zu­la­den, und zwar für den 10. August 2020, 18.00 Uhr. Genaue Infor­ma­ti­on mit Orts­an­ga­be folgt noch.

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