Gründung der Grünen im Raum Limburg-Weilburg

Erinnerungen an den 1. Juni 1980: Senta Seip berichtet aus den 1980er Jahren von der Gründung der Grünen im Raum Limburg-Weilburg.

Woher sind die Leu­te gekom­men, die sich am 1. 6. 1980 in der Stadt­hal­le Lim­burg tra­fen, um eine neue Par­tei zu gründen?

War das wirk­lich nötig?

Noch immer sage ich, ja, es war nötig!

Fast zwei Jah­re vor­her schon hat­te sich eine Bür­ger­initia­ti­ve grün­den müs­sen im Wider­stand gegen ein im Dehr­ner Wald geplan­tes Atom­kraft­werk, das inner­halb der damals sozi­al-libe­ra­len  Regie­rungs­ko­ali­ti­on in Wies­ba­den einer von 12  Stand­or­ten sein soll­te inner­halb des  „Stand­ort­si­che­rungs­pla­nes Hessen.

Die ersten Treffen

Es tra­fen zusam­men mit­tel­al­te Men­schen mit jun­gen Leu­ten, Bür­ger aus Lim­burg und Umge­bung, aber auch von der Aar und aus dem Westerwald.

Es gab Info-Stän­de, es gab Ver­an­stal­tun­gen mit hoch­ka­rä­ti­gen Wis­sen­schaft­lern gegen Atom­kraft (Prof. Bechert u. a.), es gab Vor­trä­ge von Refe­ren­ten, die aus dem Wirt­schafts­mi­nis­te­ri­um geschickt wur­den und meist in vol­len Sälen Nie­der­la­gen von den Zuhö­rern ein­ste­cken muss­ten, die sich sehr kun­dig gemacht hat­ten. Es gab Demons­tra­tio­nen der auf­ge­brach­ten Bevöl­ke­rung, Bus­fahr­ten z.B. nach Darm­stadt, wo wir im Regen ver­geb­lich auf eine  ange­kün­dig­te Unter­re­dung mit der dort tagen­den Regie­rung war­te­ten („Kar­ry, komm run­ter, Du bist umzin­gelt!“),     Es wur­de auch viel gelacht , weil das Zusam­men­sein mit Men­schen mit glei­chen Zie­len auch Ent­span­nung und Freu­de bringt.

Zu regel­mäs­si­gen Bespre­chun­gen tra­fen wir uns im „Roten Hahn“ und zwar im Tiefgeschoss.

 Da gab es vie­le Ideen und auch  der Gedan­ken: „Wir kom­men letzt­lich nicht wei­ter, es muss eigent­lich eine neue Par­tei her“ tauch­te immer wie­der auf.

Die­ses The­ma brach­te vor allem immer wie­der Dr. Wal­ter Wirth aus Ober­nei­sen ins Gespräch, die bei­den Brü­der Drei­er, die damals noch im Aar­tal, bald aber in Lim­burg und Hada­mar wohnten.

Der Weg zur Parteigründung

In mei­ner Erin­ne­rung gab es kei­ne rich­ti­ge Lust zu einer Par­tei-grün­dung, aber der Slo­gan : „CDU ist für Atom­kraft, eben­so SPD und FDP“ war wirk­lich ein Dau­er­bren­ner und die Fra­ge, wie wir denn end­gül­tig die Atom­kraft-Pla­nung vom Tisch bekom­men könn­ten, hat uns viel beschäf­tigt. (Ein Vor­griff: Der Stand­ort-siche­rungs­plan Hes­sen wur­de ad acta gelegt, als DIE GRÜNEN im Jah­re 1982 die ers­te Land­tags­grup­pe nach Wies­ba­den schi­cken konn­ten, dar­un­ter den Weil­bur­ger Rein­hard Brück­ner.) Lei­der war in der Zwi­schen­zeit aber die Pla­nung einer Wie­der-auf­ar­bei­tungs­an­la­ge in Meren­berg ein wei­te­rer Grund, dass vie­le Men­schen, jetzt auch im Ober­lahn­kreis und im Wes­ter­wald, sich im Wider­stand zusammen-fanden.

Kurz­um: Wie­der schrie­ben wir Flug­blät­ter, nah­men an teil­wei­se rie­si­gen Ver­samm­lun­gen teil, bei denen wir schon als grü­ne Arbeits­grup­pe auf Rein­hard Brück­ner tra­fen, der als Geg­ner einer Atom­an­la­ge und guter Red­ner bald Ein­fluss gewon­nen hatte..

Die Lan­des­mit­glie­der­ver­samm­lung zur Wahl der ers­ten Kan­di­da­ten zum hes­si­schen Land­tag fand dann auch fol­ge­rich­tig im Schloss Men­gers­kir­chen statt. Der GRÜNE aus Lim­burg-Weil­burg lan­de­te auf Platz 2 der Lan­des­lis­te und zog mit der Land­tags­grup­pe in Wies­ba­den ein. 

Seit l981 waren wir zusätz­lich lau­fend im Wider­stand gegen die Start­bahn West unter­wegs. Lei­der ver­geb­lich, wie bekannt.

Die Gründung der Grünen in Limburg-Weilburg

Als bekannt wur­de, dass sich im Janu­ar 1980 in Karls­ru­he die Bun­des­par­tei DIE GRÜNEN gegrün­det hat­te, war das für uns ein Signal. Bald waren wir uns einig: „Wir brau­chen das auch hier.“ Das Pro­gramm war im Punkt „Ener­gie“ ein­deu­tig:: „Atom­kraft- nein dan­ke!“. Das war schon mal zunächst das wich­tigs­te. Bei allen noch anste­hen­den „Fin­dungs­pro­zes­sen“ der jun­gen Par­tei war klar: Der Schutz von Boden, Luft und Was­ser ist exis­ten­zi­ell. Und die „ vier Säu­len“ waren auch in unse­rem Sin­ne: „basis­de­mo­kra­tisch, gewalt­frei, sozi­al, ökologisch“.

Aus dem gro­ßen Pool der Anti-Atom­kraft-Bewe­gung  im Kreis und der grund­sätz­li­chen öko­lo­gi­schen Aus­rich­tung – da hat­ten wir die Men­schen her und die Motivation.

Zur Grün­dungs­ver­samm­lung im Thing wur­de die Pres­se ein­ge­la­den und so kön­nen wir heu­te noch  ver­eint auf dem Foto den dama­li­gen Vor­stand sehen: Hans-Georg-Hering, Vero­ni­ka Geis, Hel­ga Max­ei­ner, Alfred Wirth, Jochen Drei­er, Ste­phan Drei­er und als Stell­ver­tre­ter Georg Muth.

Uns war nicht deut­lich, dass sofort die Wahl­kämp­fe began­nen- die seit die­ser Zeit nicht mehr auf­ge­hört haben. Im Okto­ber 1980 zum Bun­des­tag: „Strauß ver­hin­dern“. Es gab für uns 1.8 %. Im März 1981 Kom­mu­nal­wahl in Lim­burg . Wir beka­men über­ra­schend 7,2 %.

Zu der Arbeit im Rat­haus rich­te­ten wir – das waren aber immer vie­le Akti­ve, die sich ver­ant­wort­lich fühl­ten, — regel­mä­ßi­ge Stamm­ti­sche ein. Zunächst wei­ter im „Roten Hahn“ . Da gewan­nen wir auch wich­ti­ge Mit­strei­ter. Ich weiß nicht mehr genau wann – aber wir flo­gen da raus. Dann tra­fen wir uns im Neben­zim­mer des „Run­den Eck“.  Nach eini­ger Zeit flo­gen wir auch da raus. Begrün­dung: „Wir bestell­ten zu wenig“. Dann nahm uns das Gast­haus „Zum Han­sea­ten“ neben dem Land­ge­richt auf. Und da konn­ten wir in einem Neben­raum blei­ben, bis wir uns das Büro im Trom­bet­ta­haus, Mit­tel­teil,  leis­ten konn­ten. Aber das ist eine ande­re Geschichte.

Uns gibt es heu­te noch, not­wen­di­ger als je. Wir sind nicht mehr ver­hasst als „Schmud­del­kin­der“, unse­re ganz wun­der­ba­ren, ande­ren Struk­tu­ren wie „Tren­nung von Amt und Man­dat” – eigent­lich ganz ver­fas­sun­ge­mäß – wur­den uns „ent­wun­den“.

Aber die Men­schen, die ich im Ver­lauf so vie­ler Jah­re bei Grü­nen – auch deutsch­land­weit  – getrof­fen habe, die hät­te ich nir­gends gefun­den. Und dafür bin ich dankbar.

Jetzt brau­chen wir wie­der mehr Men­schen, die in die­sem Wein­berg arbei­ten wol­len. Hof­fen wir das Beste!

Für mich im Rück­blick gilt: „Jedem Anfang wohnt ein Zau­ber inne“.

Sen­ta Seip

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